Rund um die Schule
Ray Girschele
24.6.2024 17:25

Was Lehrer wirklich denken.

Was sich liebt, das neckt sich. Mein Problem daran ist, dass ich das Gefühl habe, das Universum liebt mich nicht und trotzdem ärgert es mich.

Was sich liebt, das neckt sich. Mein Problem daran ist, dass ich das Gefühl habe, das Universum liebt mich nicht und trotzdem ärgert es mich. Die größte Folter, die jene höhere Gewalt gegen mich einsetzt, ist mein Beruf. Lehrer sein kann zwar Spaß machen, tut es aber meistens nicht. Warum das so ist, lesen Sie am besten einfach selbst. (alle Charaktere und Ereignisse sind frei erfunden)

Pausenaufsicht

Ich muss ehrlich sein und zugeben, Pausenaufsicht ist gar nicht so schlimm, wie man es sich vorstellt. Also eigentlich schon, aber ich stauch` lieber ein paar Sechstklässler zusammen oder nehme einem 13-Jährigen das Handy weg, als in einem überfüllten Lehrerzimmer schlechten Kaffee zu trinken und nur darauf zu warten, dass  meine übermotivierten Schülerinnen zu mir kommen und mich nach etwas fragen, das absolut irrelevant für die nächste Schulaufgabe ist, sie es aber "trotzdem einfach wissen müssen",  weiß Gott warum.
Okay, manchmal nervt auch die Pausenaufsicht, wenn sich wieder einmal zwei hormonüberfüllte Jungs fast die Köpfe einschlagen, nur weil jemand „deine Mutter“ gesagt hat und ich dazwischen gehen muss. Am besten verschütte ich dann auch noch meinen Hollunder-Ingwer-Blüten-Tee und muss im Anschluss den Moralapostel spielen und die typische „Gewalt ist keine Lösung“- Predigt halten. Den Schwachsinn glaub ich nicht einmal selbst, denn manchen dieser Sauerstoffverschwender würde ich schon ganz gerne mal zeigen, was ein Arm mit 15 Jahren Kegeltraining mit so einem Neunmalklug so alles anstellen kann.

Um ehrlich zu sein. Ich hasse die Pausenaufsicht.


Elternabende

Zu sagen, dass ich Elternabende hasse, wäre wahrscheinlich untertrieben. Anstatt um kurz nach zwei wie üblich zuhause anzukommen, um mich von diesen chronisch eingeschränkten Schülern zu erholen, bin ich gezwungen, abends wieder in das Zentrum der Hölle zu fahren, um mich nun mit den Erzeugern dieser Plagen herumzuärgern. Das wäre ja eigentlich nicht so schlimm, wenn diese „Erwachsenen“ sich denn auch wie Erwachsene verhalten würden. Aber nein. Pascal schmeißt ja nur mit Tischen, weil er unterfordert ist und die gute Lisa meldet sich nur nicht, weil sie Angst vor mir hat (obwohl... da könnte was dran sein). Ich finde, Eltern sollten sich Schulen nicht bis auf 200 Meter nähern dürfen, denn so langsam bekomme ich Ausschlag von diesen mit Dummheit gesegneten, in Midlife-Crisis oder Scheidung steckenden Spätzündern, die meinen, sie könnten meinen Job besser machen als ich. Ja dann, tut das doch! Ich halte euch nicht auf!

Elternabende sind einfach das Letzte.

Tag der offenen Tür

Der Tag der offenen Tür ist jedes Mal aufs Neue ein magisches Erlebnis. Bloß handelt es sich bei dieser Magie nicht etwa um ein bisschen Abrakadabra oder Hex-Hex, nein! Es lässt sich besser als verbotener Azteken-Zauberspruch bezeichnen, den man nur einsetzte, um seine Feinde zu quälen. Der Bunker öffnet seine Tore, nur damit Eltern von dem Typ: „Bitte halten Sie einfach den Mund!“ mit ihren viel zu aufgedrehten Kindern von Klassenzimmer zu Klassenzimmer  hetzen, um dann mit aufgebrezelten Lehrern zu sprechen, die gerade ihre Karriereentscheidungen hinterfragen. Im Hintergrund dröhnen mal mehr und mal weniger gut einstudierte Lieder der Schulband durch die Gänge. Danach labert man noch den Schulleiter zu, bevor man sich zum Abschluss noch eine zweite Bratwurstsemmel ohne Ketchup oder Senf hinter die Kiemen zimmert, damit man am Montag in der Arbeit vor seinen Kollegen damit angeben kann, dass man am Wochenende in der Schule war. WOW!

Also ich finde, der Tag der offenen Tür gehört verboten.

Fortsetzung folgt...

Autor*in

Ray Girschele

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Q11

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