Beschreiben Sie uns bitte kurz Ihren Lebenslauf nach dem Abitur.
Zunächst führte mich mein Weg nach Passau. Dort habe ich mit großer Begeisterung Rechtswissenschaften mit einem integrierten fachspezifischen Studium des französischen Rechtssystems und der französischen Sprache studiert. Nach dem ersten Staatsexamen, dem juristischen Referendariat in Traunstein und bei der damaligen Degussa in Trostberg schien mir nach dem 2. Staatsexamen mein weiterer Weg klar zu sein: Ich hatte mit meiner wirtschaftsrechtlichen Ausrichtung bei einer Münchener Bank in der Rechtsabteilung als Justiziar gearbeitet. Im Berufsalltag blieb aber meine Freude an der französischen Kultur erhalten, auch wenn meine Arbeit fast ausschließlich vom englischen Sprachgebrauch dominiert wurde. Im Elfenbeinturm meines damaligen Büros habe ich dann entschieden noch einmal etwas Neues zu wagen und mein Hobby zum Beruf zu machen – auch wenn das in der Regel auf komplettes Unverständnis stieß. Mein Lehramtsstudium für die Fächer Geschichte und Französisch war ein reines Vergnügen und so landete ich nach meinen zwei weiteren Staatsexamina (nun für das Lehramt) an einer fantastischen Münchener Schule, in der meine Schülerinnen und Schüler in der Regel neben dem deutschen Abitur auch das französische Abitur bei uns ablegten: Ein Doppelabschluss, der als ABIBac zwar sehr aufwändig, aber unheimlich interessant ist. Die Liebe zur Heimat und die Bedürfnisse meiner Familie haben mich schließlich an das Gymnasium Waldkraiburg „zurückgeführt“, das zu meiner Schulzeit noch Teil des Ruperti-Gymnasiums war, das ich selbst besucht hatte.
Warum haben Sie sich damals für das Jurastudium entschieden?
Ganz besondere Freude habe ich am analytischen Arbeiten. Dieses strukturierte Herangehen an Problemlagen wird im Jurastudium besonders geschult. Diese ganz besondere Denkschule hat mich stets (und auch noch heute) fasziniert. In eurem Alter dachte ich, dass mir mit diesem „Baukasten“ die Welt offen stünde, um sie ein Stück weit gerechter zu gestalten. Erst später wurden mir die allgegenwärtigen faktischen Zwänge bewusst. Im Leistungskurs Wirtschaft-Recht hatten mich die Arbeitsweise und die zu klärenden Fragen fasziniert. Ganz besonders geprägt hatte mich auch mein damaliger Wirtschaftslehrer, der uns im Leistungskurs auf eine interessante Reise durch die unterschiedlichsten Gebiete der VWL, BWL und der Rechtswissenschaften mitgenommen hatte.
Welche Ereignisse in Ihrer Schulzeit waren für Sie heute zurückblickend am prägendsten?
Da fallen mir gleich mehrere Aspekte ein: Zum einen eine wunderbare Abifahrt nach Paris (mit Frau Kabutke), die ich zusammen mit meiner Frau unternommen habe. Sie war der krönende Abschluss wunderbarer Französischjahre im Gymnasium und ein faszinierender Sprung in die mir heute wie damals sehr wichtige französische Kulturlandschaft. Auf der anderen Seite fallen mir prägende Persönlichkeiten auf Lehrerseite ein, insbesondere auch mein Lateinlehrer (Herr Bräuchler), der mich stets gefordert, gefördert und als Persönlichkeit schlichtweg beeindruckt hat…. und nicht zu vergessen: Ein ungut verlaufenes Handballspiel, das mich geradewegs für einige Wochen ins Krankenhaus bzw. zunächst auf den OP-Tisch befördert hat.
Auf jeden Fall aber bin ich jeden Tag sehr gerne zur Schule gegangen. Es war eine schöne Zeit.
Warum haben Sie Ihren Job als Jurist aufgegeben?
Ich hatte unterschiedlichste neue Vertragsmodule für unseren damaligen Vertrieb entwickelt. Bei den dazu erforderlichen Schulungsveranstaltungen für unsere Mitarbeiter hatte ich entdeckt, wie viel Freude mir der unmittelbare Austausch mit Menschen, das Erklären und Veranschaulichen schwieriger Inhalte machte, noch mehr als die Erstellung der Vertragsmodule selbst. Meine Schulungsveranstaltungen waren sehr erfolgreich. Wieso sollte ich also nicht den Elfenbeinturm verlassen? Vielleicht sogar meine Begeisterung für Frankreich und die französische Sprache damit verbinden? Gerade die Arbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist motivierend und spannend zugleich: Ihr seid offen, neugierig und begeisterungsfähig. Zugleich kann ich mit ehrlicher Kritik rechnen und auf sehr authentische Diskussionen vertrauen. Gerade im Fach Geschichte war und ist mir der Dialog mit euch Jugendlichen wichtig, die Chance einer kritischen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, um – so pathetisch sich das anhören mag – eine gemeinsame gute Zukunft zu gestalten. Hier dürfen natürlich die deutsch-französischen Beziehungen nicht fehlen. Der kritische Austausch mit euch lässt einen sich stets aufs Neue hinterfragen.
Was ist demgegenüber durch meine Gestaltung von Verträgen für Kunden gewonnen, die letztlich auf einen standardisierten Baukasten an Instrumentarien zurückzuführen sind? Als Jurist stelle ich die Welt nicht auf den Kopf, sondern bewege mich im Hamsterrad des Interessensausgleichs, wo dieser oftmals auf zwei unversöhnliche Parteien trifft.
In meinem jetzigen Beruf bin ich frei (nicht nur im Kopf) und darf mit euch auf „meinen“ Gebieten arbeiten. So ist mein Interesse für wirtschaftswissenschaftliche Fragen mein Hobby geworden.
Was waren die Reaktionen darauf in Ihrem persönlichen Umfeld/ beruflichen Umfeld?
Wie bereits angedeutet: komplettes Unverständnis bei vielen, jedoch Unterstützung von der Familie.
Gab es Momente, in denen Sie an Ihrer Entscheidung gezweifelt haben? Und wenn ja, welche waren das?
Niemals. Auf keinen Fall. Ich würde immer wieder so entscheiden.
Welche Dinge/ Eigenschaften, die in der Schule nicht vermittelt werden, sind wichtig für das Berufsleben?
Das ist schwierig, denn in der Schule wird vieles auch ganz unbewusst vermittelt, wobei manche Schülerinnen und Schüler unser Angebot stärker annehmen als andere. Vielleicht sind wir sogar in mancherlei Hinsicht ein größerer Schutzraum, der so im Berufsleben nicht mehr existiert. Von uns wird ein Rundumpaket angeboten, unterlassene Arbeiten werden nachgefordert, wohingegen im Berufsleben von manchen noch ein stärkeres Maß an Eigenverantwortung gefordert sein wird. Gerade am Tag der Verleihung der Abiturzeugnisse stelle ich aber immer wieder (wie bei euch auch fest) welch erstaunliche Entwicklung ihr bei uns durchmacht. Wenn ich da den Schüler X / die Schülerin Y sehe, wie sie selbstbewusst und zu Recht nicht ohne Stolz das Zeugnis empfangen, dann vergleiche ich gerne mit dem Bild aus der 6. oder 7. Klasse und stelle fest: Ihr seid als Persönlichkeit gereift, habt umfangreiche Kompetenzen erworben und seid wirklich bereit ins Leben hinauszugehen. Da möchte ich mir nicht anmaßen pauschal etwas einzufordern, denn die Persönlichkeitsentwicklung ist schließlich höchst individuell.
Ihr seid auf jeden Fall gut vorbereitet auf das, was da auf euch zukommt.
Welchen Tipp haben Sie für uns als Schüler für unser Berufsleben?
Haltet immer die Augen offen, bleibt neugierig, interessiert und kritisch und ruht euch nicht auf Erreichtem aus.
Das Leben steckt voller Überraschungen und Möglichkeiten!